Diabetes gilt inzwischen als Volkskrankheit. In den USA, China und Indien ist die Erkrankung am meisten verbreitet, aber auch in Europa steigt die Zahl der diagnostizierten Krankheitsfälle weiter an. Um weltweit einheitliche Diagnose- und Therapierichtlinien zu schaffen, definierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits 1965 bestimmte Kriterien, die zur Spezifikation von Diabetes dienen sollten. Schon zu dieser Zeit wurde versucht, Diabetes nach seiner Entstehung und den Ursachen zu klassifizieren.
Im Jahr 1997 veröffentlichte die American Diabetes Association (ADA) eine überarbeitete Version des ersten Katalogs, die bereits ein Jahr später von der Weltgesundheitsorganisation anerkannt wurde. Seit dem Jahr 2000 ist die Klassifikation auch von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) übernommen worden. Sie gilt hierzulande als Grundlage für Empfehlungen und Leitlinien zur Diagnose und Therapie von vier unterschiedlichen Formen von Diabetes, die nach Art der Ursache voneinander abgegrenzt werden.
In Deutschland sind etwa 300.000 Patienten vom Diabetes Typ 1 betroffen, was einen Anteil von ca. fünf Prozent aller Menschen mit Diabetes im Bundesgebiet ausmacht. Typ-1-Diabetes entsteht häufig im Kindes- und Jugendalter und eher selten nach Beginn des 20. Lebensjahres. Inzwischen ist allerdings eine spezielle Sonderform des Typ-1-Diabetes bekannt, die verstärkt ab dem 30. Lebensjahr auftritt, der sogenannte LADA-Diabetes – Latent Autoimmune Diabetes in Adults.
Diabetes Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, bei dem sich das körpereigene Immunsystem gegen die insulinproduzierenden Betazellen in den Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse richtet. Weil die Betazellen sukzessive zerstört werden, ist auch die Produktion des Insulins nicht mehr in ausreichender Menge gewährleistet. Mit fortschreitender Erkrankung, die bis hin zur vollständigen Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen führen kann, also einem absoluten Insulinmangel, kommt es zu einem dauerhaften Anstieg der Blutzuckerkonzentration. Dies kann schwerwiegende Folgen für den gesamten Körper, insbesondere die Organe, haben.
Wie bei den meisten Autoimmunerkrankungen sind auch die Ursachen für die Bekämpfung der körpereigenen Betazellen bei Diabetes Typ 1 weitestgehend unklar. Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen genetischen und umweltbedingten Einflussfaktoren.
Mit mehr als 90 Prozent ist Diabetes Typ 2 die häufigste Diabetesform. Früher als „Altersdiabetes“ bekannt, nimmt die Anzahl der Menschen mit Typ-2-Diabetes mittlerweile bei Patienten jedes Alters sukzessive zu. Forschungen zufolge liegt die Hauptursache für diese Diabetesform insbesondere im gesellschaftlichen Wandel der Industrienationen, der durch ungesunde Ernährung und wenig körperliche Aktivität geprägt ist.
Übergewicht, Adipositas und Bewegungsmangel sind heute auch im frühen Kindes- und Jugendalter weit verbreitet, weshalb sich Typ-2-Diabetes mittlerweile durch alle Altersgruppen zieht. Einige Mediziner gehen bei der Diagnose und Klassifikation von Diabetes inzwischen dazu über, Diabetes Typ 2 in zwei weitere untergeordnete Formen zu unterteilen. Typ 2a diagnostiziert dabei einen Diabetes ohne Adipositas, Typ 2b bezeichnet adipöse Diabetespatienten.
Typ-2-Diabetes ist eine Stoffwechselerkrankung, die sukzessive entsteht. Die Zellen im Körper werden nach und nach resistent gegen das Hormon Insulin und nehmen somit nicht mehr so viel Glukose aus dem Blut auf. Man spricht hierbei von einer Insulinresistenz. Infolgedessen steigert die Bauchspeicheldrüse die Insulinproduktion und versucht, den vermeintlichen Mangel auszugleichen.
Mit den Jahren kann die Bauchspeicheldrüse diese Mehrarbeit meist nicht mehr leisten und stellt nach und nach die Produktion von Insulin ein. Aus der anfänglichen Insulinresistenz entwickelt sich dann mit der Zeit ein absoluter Insulinmangel. Bis zu diesem Zeitpunkt können Menschen mit Diabetes Typ 2 in der Regel ohne die Zufuhr von Insulin leben.
Diabetes Typ 3 ist im eigentlichen Sinne eine Ausschlussdiagnose. Unter Typ-3-Diabetes werden alle Formen von Diabetes zusammengefasst, deren Ursachen nicht unter Diabetes Typ 1 oder Typ 2 fallen. Auch bei Diabetes Typ 3 ist die Insulinproduktion heruntergesetzt oder vollständig gehemmt. Zu den Ursachen zählen beispielsweise Schädigungen der Bauchspeicheldrüse wie z. B. ein sogenannter pankreopriver Diabetes, Stoffwechselerkrankungen wie z. B. Mukoviszidose oder Hämochromatose, Virusinfektionen oder auch genetische Ursachen.
Als Diabetes Typ 4, Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes wird ein Diabetes bezeichnet, der sich erst innerhalb einer Schwangerschaft entwickelt. Man vermutet, dass einige Schwangerschaftshormone, wie beispielsweise Östrogen, Progesteron und Prolaktin, eine konträre Wirkungsweise auf das Insulin haben. Weil der weibliche Hormonhaushalt während einer Schwangerschaft darauf ausgerichtet ist, vor allem dem wachsenden Kind möglichst viel Energie zur Verfügung zu stellen, mindern diese Hormone die Wirkung des Insulins bei der Mutter. Bei einem Großteil der schwangeren Frauen mit Diabetes Typ 4 verschwindet die Erkrankung nach der Entbindung, wenn sich der Hormonhaushalt reguliert hat.
Sabrina Mandel